Wie Supermärkte uns zum Kauf verleiten – Ein Blick auf Preisstrategien und die Inflation

In deutschen Supermärkten ist oft nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Wer beim Einkaufen über die Preise nachdenkt, sollte genauer hinschauen: Es geht nicht nur um „XXL-Packungen“ oder vermeintliche Schnäppchen, sondern um geschickte Verkaufsstrategien, die unser Kaufverhalten beeinflussen. Eine aktuelle Analyse zeigt, welche Taktiken häufig verwendet werden – und warum Lebensmittelpreise nach wie vor stark steigen.

Günstige Preise? Ein Rechenspiel

Ein Besuch bei Edeka zeigt: Mini-Rispentomaten werden für 3,99 Euro pro Kilogramm angeboten. Gleich daneben stehen Honigtomaten, die vermeintlich günstiger erscheinen – 2,49 Euro. Doch der Clou: Der Preis gilt nur für 100 Gramm. Hochgerechnet bedeutet das satte 24,90 Euro pro Kilogramm! Ein cleveres Spiel mit den Gewohnheitsmustern der Verbraucher, wie Werbesoziologen erklären. Jahrelang orientierten wir uns am Kilopreis, doch inzwischen sind kleinere Einheiten wie 500 Gramm oder gar 100 Gramm verbreitet. So wird der täuschend günstige Eindruck erzeugt.

Ein weiteres Beispiel sind Kirschen: Ein Kilopreis von 20 Euro würde die meisten abschrecken. Die Lösung? Der Verkauf in 100-Gramm-Portionen. Das mindert die Hemmschwelle und wirkt weniger belastend auf den Geldbeutel. Umgekehrt funktioniert es mit XXL-Packungen: Müsli im Vorratspack oder Hähnchenschenkel in großer Verpackung scheinen preiswerter. Hier wird suggeriert: Mehr Produkt, weniger Verpackungsmüll – und insgesamt mehr für’s Geld. Doch der Werbeexperte warnt: Oft werden Preise de facto erhöht, um die Umsätze der Händler trotz Inflation stabil zu halten.

Die perfekte Platzierung: Lage, Lage, Lage

Auch die Anordnung der Waren im Regal spielt eine zentrale Rolle. Wie beim Immobilienmarkt gilt: Lage ist alles. Die teureren Produkte befinden sich meist in Augenhöhe – sie sind leicht zu greifen und prominent präsentiert. Günstigere Alternativen hingegen landen unten im Regal, der sogenannten „Bückware“. Wer genauer sucht, kann sparen, aber nicht jeder Kunde nimmt sich die Zeit.

Doch das Regalspiel hat sich verändert: Ein Besuch in einem Penny-Markt zeigt, dass viele bekannte Markenprodukte wie Schogetten, Snickers oder Milka nach unten verbannt wurden. Gleiches beobachtet man bei Lidl: Hier steht nur noch ein einziges Markenmüsli auf der besten Regalfläche. Der Platz wird stattdessen für Eigenmarken genutzt – und das hat gute Gründe. Handelsmarken sind für Supermärkte profitabler: Die Händler bestimmen die Preise selbst und können eine günstige Kalkulation umsetzen. Gleichzeitig haben viele Kunden mittlerweile das Vertrauen, dass Eigenmarken qualitätiv mithalten und preiswert sind. Gerade im aktuellen Konkurrenzkampf nutzen Händler diesen Vorteil, um ihr Image als ökonomische Alternative zu pflegen.

Preiskämpfe und Lieferstopps: Ein Blick hinter die Kulissen

Preisverhandlungen zwischen Supermärkten und Herstellern sind heute so transparent wie nie zuvor. Lieferstopps werden offen kommuniziert: Bei Lidl fehlen beispielsweise momentan Haribo-Produkte, Edeka und Netto verkaufen keine M&Ms. Doch wer ist Schuld an den steigenden Preisen? Laut einer Studie von Allianz Trade können die gestiegenen Lebensmittelpreise nicht allein durch Rohstoff- oder Energiepreise erklärt werden. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Anna Gröschl wirft den Herstellern Profitgier vor: Viele Unternehmen haben Preise erhöht, die nicht im Verhältnis zu den gestiegenen Kosten stehen. Ihr Ziel: Die Verluste aus dem Jahr 2022 ausgleichen. Dieses Verhalten trägt maßgeblich zur Lebensmittelinflation bei, die laut Prognosen noch bis Ende des Jahres anhält.

Der Bundeverband der Lebensmittelhersteller widerspricht: Die Vorwürfe seien substanzlos und die Schuld liege bei den Händlern. Doch die Realität zeigt: Die Inflationsrate liegt nach wie vor bei über 6 Prozent, die Lebensmittelpreise sind fast dreimal so stark gestiegen. Die Beobachtungen von Marktforschern wie Sven Reuter bestätigen: Täglich werden Preise angehoben, die Reduktionen sind im Vergleich zum Gesamtsortiment äußerst gering.

Tipps für Verbraucher: Preise vergleichen und saisonal einkaufen

Was können Verbraucher tun? Die Antwort ist so simpel wie effektiv: Preise vergleichen und gezielt saisonal einkaufen. Frische Produkte aus der Region sind in der Saison meist günstiger zu bekommen. Wer sich Zeit nimmt, genauer hinschaut und auf große Marketingtricks achtet, kann trotz steigender Preise beim Einkaufen sparen.

Fazit

Supermärkte nutzen zahlreiche Strategien, um ihre Umsätze zu sichern. Ob kleine Verpackungseinheiten, XXL-Packs oder geschickt platzierte Eigenmarken: Verbraucher werden gezielt gelenkt. Gleichzeitig treiben gestiegene Kosten und Preiskämpfe die Inflation weiter an. Wer sparen möchte, sollte kritisch bleiben, Preise genau vergleichen und saisonale Angebote nutzen.

Video zum Artikel: Für weitere Einblicke schauen Sie unser eingebettetes Video über Preisstrategien und aktuelle Entwicklungen im Lebensmittelhandel an.