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Ein vermeintlich günstiger DSL- und Telefonvertrag führte bei Berthold Frei zu einem monatelangen Rechtsstreit. Statt Einsparungen bei seinem bisherigen Anbieter Deutsche Telekom brachte ihm ein ungewollter Vertrag mit der 1N Telecom GmbH Mahnungen, Schadensersatzforderungen und die Blockade seiner Festnetz- und Internetverbindung. Doch wie konnte es dazu kommen, und wie können Betroffene sich wehren? Ein Blick hinter die Kulissen dieses dubiosen Geschäftsmodells.
Ein Angebot, das täuscht
Alles begann mit einem schriftlichen Angebot, das sich scheinbar an Bestandskunden der Deutschen Telekom richtete. Für 34,99 Euro pro Monat versprach 1N Telecom unbegrenzte Anrufe in deutsche Mobilfunknetze und eine günstige Alternative zu bestehenden Tarifen. Frei unterschrieb im Glauben, ein Angebot seines bisherigen Anbieters anzunehmen – ein Missverständnis, das laut Verbraucherzentrale kein Einzelfall ist.
Verbraucherschützer Oliver Buttler:
„Hunderttausende Senioren, meist im Alter von 70 bis 80 Jahren, wurden angeschrieben. Sie waren allesamt Kunden der Deutschen Telekom und wurden ungefragt kontaktiert.“
Irreführende Praktiken und fehlende Erreichbarkeit
Nach der Unterschrift begann der Ärger: Die Deutsche Telekom informierte Frei, dass ein Anbieterwechsel vorliege, den er jedoch nie wollte. Sein Versuch, den neuen Vertrag bei 1N Telecom telefonisch zu widerrufen, scheiterte. Stundenlange Warteschleifen endeten ohne Kontakt. Schriftliche Widerrufe blieben unbeantwortet. Stattdessen erhielt Frei Rechnungen, obwohl die von 1N Telecom bereitgestellten Verbindungen nie funktionierten. Schließlich folgten Mahnungen und ein Inkassoverfahren.
Systematische Forderungen und fragwürdige Methoden
Besonders auffällig ist, dass die 1N Telecom in zahlreichen Fällen eine pauschale Schadensersatzforderung von 419,88 Euro erhebt, sobald Kunden den Vertrag anfechten. In einem Fall verschickte die Firma ein Schreiben in einem Umschlag mit angeblich hoheitlichem Siegel, das einen amtlichen Charakter vortäuschen sollte. Zudem wurde in einem Schreiben eine Unterschrift verwendet, die der von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verblüffend ähnlich sah.
Reaktionen und Ermittlungen
- Verbraucherzentralen und Bundesnetzagentur:
Über 11.000 Beschwerden wurden gemeldet, und die Bundesnetzagentur stoppte im vergangenen Jahr 15.000 Wechsel zu 1N Telecom. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte diese Maßnahme und sprach von „erheblichen Risiken“ für Verbraucher, darunter die fehlende Möglichkeit, Notrufe abzusetzen. - Verbraucherschutzklagen:
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat Klagen gegen die Schadensersatzforderungen, Inkassotätigkeit und irreführenden Praktiken eingereicht. - Staatsanwaltschaft Düsseldorf:
Oberstaatsanwalt Hauke Lorenzen erklärte, dass gegen 1N Telecom bundesweit zahlreiche Strafanzeigen vorliegen. Die Ermittlungen stehen jedoch noch am Anfang.
Was Betroffene tun können
- Widerruf erklären:
Innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss können Verbraucher schriftlich widerrufen. Wichtig: immer per Einwurfeinschreiben, um den Nachweis zu sichern. - Anfechtung bei Täuschung:
Wer den Vertrag unter falschen Voraussetzungen abgeschlossen hat, kann ihn anfechten. Auch hier sollte der Vorgang schriftlich und nachweislich erfolgen. - Forderungen widersprechen:
Bei Mahnungen oder Inkassoschreiben sollte ebenfalls schriftlich und nachweislich widersprochen werden. - Rechtsberatung einholen:
Unterstützung bieten Verbraucherzentralen oder Rechtsanwälte, insbesondere wenn Forderungen weiterhin bestehen. - Kontakt mit der Bundesnetzagentur:
Die Behörde sammelt Beschwerden und hat bereits Maßnahmen gegen 1N Telecom ergriffen.
Das Fazit eines Betroffenen
Berthold Frei ist inzwischen wieder Kunde der Deutschen Telekom. Sein Fazit fällt deutlich aus: „Ich denke, diese Firma existiert nur, um Geld abzuzocken, nicht aber, um Internet- oder Telefonie-Verbindungen bereitzustellen.“ Sein Fall ist kein Einzelfall – und ein mahnendes Beispiel, wie wichtig es ist, Angebote kritisch zu prüfen.